Jugend- Fußballprojekt Michells’Plain in Kapstadt

Nachricht 16. Juni 2019

Reiseeindrücke von Südafrika im Winter 2018/2019 von Johanna Geppert-Enriquez

 

Wieder einmal geht die Reise nach Kapstadt. Was zieht uns dorthin oder was zieht uns von hier weg? Sicher, dem Winter zu entfliehen, um in den Sommer zu fliegen, wäre schon Grund genug. Aber es gibt noch ein anderes Motiv, es sind die Fußballkids und –jugendlichen in  Mitchell’s Plain, die auf uns warten.

 

Etwa eine Stunde vor dem Zwischenstopp in Windhoek kam in 12 km Flughöhe langsam vom Osten her die Morgensonne herauf, ein imponierendes überwältigendes Erlebnis, das mich an das Lied „Die güldene Sonne bringt Leben und Wonne, die Finsternis weicht“ erinnern ließ.  Die Dunkelheit wich nach und nach dem Licht auf eindrucksvolle Weise. Nachdem wir, mein Mann und ich, zunächst drei Tage im 80 km von Kapstadt entfernt liegenden Weingebiet Franchhoek verbrachten, kamen wir dann außer mit unseren Kindern noch mit einer weiteren Familie aus Ostfriesland am Strand in Muizenber zusammen, ganz in der Nähe des Townships Michell’s  Plain.  Baden und Surfen war angesagt, auch wenn selbst in der Sommerzeit das Wasser kaum an unsere Nordseetemperatur herankommt. Eine Woche stand ein strammes Programm auf der Tagesordnung, denn wir wollten ja für die Neulinge gute Reiseleiter von Südafrika sein. Da durfte das Kap der guten Hoffnung, die Pinguinbucht bei Simons Town, das Open Air Konzert in Kirstenbosch und vor allem der Tafelberg  u. v. m. nicht fehlen.  Gleich am ersten Sonntag trafen wir in Mitchell’s Plain  im Gottesdienst einige unserer Kids, die wir sogleich einluden mit an den Strand zu kommen. Diese Kinder und Jugendlichen  wohnen so nahe am Strand und bekommen ihn doch so selten zu sehen. Wir motivierten sogleich  acht  der älteren Jungen gleich am ersten Mittwoch mit uns den Tafelberg zu besteigen, und zwar dieses Mal von Kirstenbosch, der hinteren Seite aus.

 

Ein herrlicher Tag breitete sich vor uns aus, tiefblauer Himmel, keine Wolke zu sehen und vor allem kein Wind. Mit Rucksack, Essen und Trinken rüsteten wir uns für den Tag aus. Alle 14 jungen Leute machten sich unter der Leitung von unserem Sohn Joshua gut gelaunt auf den Weg über einen steilen Anstieg hinauf auf den 1086 m hohen Berg, der als das Wahrzeichen von Kapstadt bekannt ist, der von hinten nicht wie eine Tafel aussieht und wenn man oben ist, erst recht nicht mehr. Mein Mann und ich fuhren um den Berg herum zur Seilbahnstation, weil wir uns dieses Mal vorgenommen hatten mit der Seilbahn hochzufahren, um uns mit der mehrere Quadratkilometer großen Plateauerkundung  zu begnügen. Die Seilbahn fasst 65 Passagiere und hat den Vorteil, dass sie sich während der Auf- und Abstiege dreht und man währenddessen eine Rundumaussicht genießen kann.  Von oben hat man eine herrliche Sicht auf die Innenstadt Kapstadts und die dahinterliegende Tafelbucht mit Robben Island, der Insel wo Nelson Mandela 27 Jahre im Gefängnis gesessen hat. In nordwestlicher Richtung sieht man von der Bergkette den Signal Hill mit dem Lions Head. Bewegt man sich zur westlichen Begrenzung kann man am Atlantik Camps  Bay, Clifton und die 12 Apostel  bewundern. Und wir konnten weiter südöstlich sogar bis zur False Bay bei Muizenberg sehen.

 

Längst sind wir trotz hohen Besucherandrangs und der sich daraus ergebenden langen Wartezeit bei strahlendem Sonnenschein oben  angekommen, aber von unseren jungen Wanderern ist keine Spur zu sehen. Wir halten uns in der Nähe des Restaurants auf, um uns nicht zu verfehlen, genießen den Rundumblick und entdecken viele verschiedene Fynboschbüsche und Blumen seltener Arten. Das Wandern abseits der Pfade auf dem Plateau ist kein Spaziergang aufgrund der großen herumliegenden Felsbrocken und vieler Unebenheiten. Nun sind zwei Vorreiter der Mannschaft angekommen mit der Botschaft, dass es nicht mehr lange dauern kann bis zur Ankunft der restlichen Wanderer. Einen Teil des Proviants hatten wir bei uns, denn wir wollten ja oben auf dem Berg gemeinsam picknicken. Stunden vergehen und wir sehen, wie sich plötzlich langsam von Osten her eine breite Wolkenwand herschiebt, die uns daran zweifeln lässt, dass sie den Weg noch rechtzeitig finden. Es ist schon nach 17.00 Uhr und endlich, nach mehreren Stunden Wanderung, tauchen die Verschollenen aus der Nebelwand hervor. Vor lauter Badevergnügen  im 700 m hoch gelegenen See hatten sie die Weggabelung erst bei der zweiten Umrundung gefunden und waren somit die doppelte Zeit unterwegs gewesen. Halb verhungert und total erschöpft erreichten sie uns in der Nähe der Seilbahnstation. Runter ging es dann nach dem gemeinsamen Picknick für alle mit der Seilbahn.

 

Für einige war dieses Bergerlebnis erstmalig, denn die Jungen aus dem Township leben wie in einem Ghetto. Sie haben nicht die Möglichkeit und erst recht nicht das Geld, einmal aus ihrer Umgebung herauszukommen. Und so erleben sie mit uns erstmalig Unternehmungen in ihrer wunderschönen Umgebung und sie lernen ihr eigenes Land kennen, das von so vielen Touristen längst entdeckt und erobert worden ist. Sie machen neue Entdeckungen, lernen in einer sicheren und fröhlichen Umgebung einander kennen und vertrauen, wo sie bei sich zu Hause im Township oft mit so viel Dunkelheit konfrontiert werden, wenn es z. B. ständig Schießereien gibt.  Es gibt in ihren oft zerrütteten Familien wenig Geborgenheit und Fürsorge. Diese Jungen brauchen Menschen, die ihnen Zuwendung und Hoffnung geben, die ihnen dem aufgehenden Morgenlicht, das die Finsternis vertreibt, gleichen, sodass sie für die Zukunft Hoffnung schöpfen können und ihr Leben eine positive Ausrichtung auf sicherem Fundament erhält. Wie sollen sie Jesus Christus als den lebendigen Herrn erleben, wenn sie nicht Menschen begegnen, die ihnen zu  Brüdern und Schwestern werden und die sie  mit Liebe akzeptieren, so wie sie sind und ihnen  in ihrem so jungen Leben helfen voranzukommen.

 

Auf dem dreitägigen „Bushcamp“, etwa  100 km von Mitchell’s Plain entfernt, durften 22  der zehn bis zwanzig jährigen Fußballkids und -jugendlichen, solche Tage mit viel Spaß und Action und gutem Essen erleben, Tage, die ihnen in Erinnerung bleiben, Tage, die sie verändert haben. Im Spiel wurden ihnen auf diesem pädagigischen Camp „skills“ beigebracht, die sie weiterbringen und sie auf ihr zukünftiges Leben vorbereiten. Am Abend brachten einige durch Worte und Lieder allen Sponsoren ihre Dankbarkeit zum Ausdruck. Dieses Camp wurde von den eingegangenen Spenden des vergangenen Jahres finanziert. “After camp is always before the camp”, mit dieser Vision wurden sie verabschiedet und seitdem organisieren sie selbst Trainingsnachmittage und Spiele. Einige der Älteren haben sich bereiterklärt, als Trainer und Betreuer Verantwortung zu übernehmen, so dass diese Fußballarbeit, die einen enormen Aufschwung erhalten hat, weiterlaufen kann.

 

Allen Sponsoren von Turn- und  Fußballsachen und Spenden sagen die Südafrikaner ein herzliches Dankeschön! Und die Sammelaktion läuft weiter, Abgabe bei den Gemeinden oder bei uns. Vor allem werden Turn- und Fußballschuhgrößen 39-42 (UK 6-8), ein paar Größe 37-38 (UK 5) benötigt.

 

Johanna Geppert-Enriquez (April 2019)